Laut RKI erkrankt etwa eine von 76 Frauen im Laufe ihres Lebens an Eierstockkrebs.
Die Erkrankungsraten sind in Deutschland seit der Jahrtausendwende zwar rückläufig, dennoch ist Eierstockkrebs die häufigste tödliche gynäkologische Krebsart, so auch das Leitlinienprogramm Onkologie. Ein Grund dafür ist, laut RKI, dass die Erkrankung aufgrund der meist unspezifischen Symptome wie unklare Bauchschmerzen oder Völlegefühl häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt wird. Bei einer Diagnose in einem frühen Stadium dagegen sind die Überlebensaussichten relativ günstig.
Um auf diese lebensbedrohliche und noch immer eher unbekannte Krebserkrankung aufmerksam zu machen, wurde der Welteierstockkrebstag, der jedes Jahr am 8. Mai stattfindet, ins Leben gerufen.
Seit 2016 richtet die Deutsche Stiftung Eierstockkrebs anlässlich des Welteierstockkrebstages einen Aktionstag in Berlin aus. Unter dem diesjährigen Motto „Friseur:innen gegen Krebs – Lasst uns über Eierstockkrebs sprechen“ tragen Friseure bundesweit dazu bei, Eierstockkrebs in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.
Aus diesem Anlass befragte GSK Prof. Dr. med. Jalid Sehouli, Leiter des Europäischen Kompetenzzentrum für Eierstockkrebs der Berliner Charité (Foto unten: AVISOmed), Susanne Fechner, Deutsche Stiftung Eierstockkrebs (Foto unten: AVISOmed), Marianne K., Betroffene von Eierstockkrebs, und den Friseur, Hussein Saleh (Foto unten: privat), zu ihrer individuellen Perspektive auf das Thema Eierstockkrebs, den Welteierstockkrebstag und das diesjährige Motto.
Frau Fechner, Friseure und Eierstockkrebs, wie passt das zusammen?
Das Thema Krebs betrifft und verbindet zugleich viele Bereiche und Akteure des öffentlichen Lebens – auch Friseursalons und Zweithaarstudios. Gemeinsam mit dem Netzwerk „Grenzenlos Friseure“ wollen wir von der Deutschen Stiftung Eierstockkrebs zeigen, dass Friseure eine wichtige Rolle spielen, wenn es um das Thema Haarausfall als Nebenwirkung einer Chemotherapie geht. Friseure stehen den Patientinnen beratend und unterstützend in dieser sensiblen Phase der Erkrankung zur Seite.
Wie können Friseure dabei helfen, ein Bewusstsein für Eierstockkrebs zu schaffen?
Friseure können einerseits Vertrauenspersonen, andererseits auch Multiplikatoren sein. Deshalb haben wir ein Informationspaket für Friseursalons zusammengestellt. Das Paket enthält u. a. Aufsteller mit den wichtigsten Fragen und Antworten zu Eierstockkrebs, Informationen zu Symptomen, Diagnose und Therapie, Spenden-Codes sowie unser Magazin „Die zweite Stimme“. Zudem ernennen wir jeden dieser engagierten Friseur- und Zweithaarstudios mit einem Zertifikat für die Tür zu einem „Salon der Herzen“.
Herr Saleh, was motiviert Sie als Friseur an diesem Aktionstag teilzunehmen?
Ich bin über Prof. Sehouli auf den Welteierstockkrebstag aufmerksam geworden. Oftmals kennen wir unsere Kunden viele Jahre und es entsteht eine intensive Bindung und Vertrauen. So möchten wir ihnen auch während einer Krebsbehandlung zur Seite stehen und sie mit Tipps zur Haarpflege oder bei der Wahl einer Perücke unterstützen.
Prof. Sehouli, welchen Stellenwert hat dieser Tag für Sie?
Da es für Eierstockkrebs keine Früherkennungsuntersuchung gibt, ist es wichtig, durch Aktionstage wie den Welteierstockkrebstag das Bewusstsein für diese Erkrankung zu schärfen. Daneben erhalten Betroffene Tipps zum Umgang mit der Erkrankung, Therapie und Nachsorge. Auch für Ärzte bietet der Welteierstockkrebstag zahlreiche Möglichkeiten, sich zu neuesten Entwicklungen aus der Forschung und der klinischen Praxis zu informieren.
Frau Fechner, warum spielt das Thema Haare gerade für Frauen mit Krebserkrankungen eine wichtige Rolle?
Beinahe alle Krebsbetroffenen denken mit der Diagnose Krebs neben der Angst vor dem Tod an den Verlust der Haare. Frauen begleiten dabei naturbedingt größere Ängste, da Haare in der Gesellschaft oftmals als Zeichen für Weiblichkeit, Schönheit und Gesundheit gesehen werden.
Prof. Sehouli, welche Auswirkungen kann Haarverlust während der Therapie von Eierstockkrebs auf das psychische Wohlbefinden von Frauen haben?
Das Körperbild konzentriert sich in unserer Gesellschaft sehr stark auf äußerliche Merkmale, sodass jede Veränderung des Äußeren negative Auswirkungen auf das Selbstbild haben kann. Verschiedene nationale und internationale Studien zeigen, dass für Krebspatientinnen neben Übelkeit und Erschöpfung Haarausfall eine der belastenden Nebenwirkungen ist.
Frau K., wie haben Sie als Betroffene den Haarverlust während Ihrer Krebserkrankung erlebt und wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?
Über Haarausfall habe ich mir anfangs nur wenig Gedanken gemacht, da durch die Diagnose so viele andere Dinge auf mich hereinbrachen. Da ich zudem schon immer eher kurzes Haar hatte, dachte ich, dass der Haarverlust bei mir nicht so schlimm wäre. Als dann aber große, kahle Stellen auf meinem Kopf auftraten, war ich schon erschrocken – vor allem als dann auch noch die Wimpern ausfielen. Darauf war ich irgendwie nicht vorbereitet. Zunächst habe ich Mützen getragen, später habe ich mich aber doch für eine Perücke entschieden. Damit habe ich mich sicherer gefühlt.
Herr Saleh, welche Tipps können Sie Betroffenen mit auf den Weg geben?
Wichtig ist, die Haare nicht häufiger als nötig und am besten mit lauwarmem Wasser zu waschen. Die Haare sollten zudem nur trocken getupft werden und mit einer weichen Bürste gekämmt werden. Insgesamt sollten besondere Belastungen für Kopfhaut und Haare vermieden werden – d. h. Betroffene sollten sich die Haare weder föhnen noch färben oder färben lassen. Auch von einer Dauerwelle rate ich ab.
Übrigens: Über die Krankenkassen, die Handwerkskammern und Google können Patientinnen einen Salon mit Expertise für die Haare von Krebserkrankten finden.
Frau Fechner, warum ist es wichtig, mit dem Welteierstockkrebstag auf genau diese Krebserkrankung aufmerksam zu machen?
Eierstockkrebs gehört zu den eher seltenen Tumorerkrankungen bei Frauen und ist deshalb in der Bevölkerung noch immer recht unbekannt. Leider erkranken jedoch mehr als 7.000 Frauen in Deutschland jedes Jahr an dieser aggressiven Tumorart. Deshalb möchten wir am Welteierstockkrebstag mit zahlreichen Aktionen Impulse und Anregungen geben, um ein besseres Bewusstsein zu schaffen, aufzuklären und damit die Erkrankung zu enttabuisieren. Vor diesem Hintergrund würde ich mich über zahlreiche Interessierte und Teilnehmer freuen, die an diesem Tag in mitmenschlichen und interessierten Austausch treten.