Gürtelrose: Das unterschätzte Gesundheitsrisiko
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10 Februar 2022

Noch immer halten viele Gürtelrose für einen lästigen Hautausschlag. Tatsächlich ist Gürtelrose aber eine ernstzunehmende Infektionskrankheit und darüber hinaus ziemlich weit verbreitet. Die wenigsten kennen ihr persönliches Erkrankungsrisiko für die Krankheit mit dem harmlos klingenden Namen.

Komplikationen und Spätfolgen können die Lebensqualität Betroffener erheblich einschränken
Die Viruserkrankung Gürtelrose wird durch den gleichen Erreger wie die Windpocken, das Varizella-Zoster-Virus, ausgelöst. Mehr als 95 Prozent der über 60-Jährigen hierzulande tragen den Erreger seit einer Windpocken-Infektion in der Kindheit in sich.1 Damit gehören sie alle zur Risikogruppe für Gürtelrose. Denn das Varizella-Zoster-Virus verbleibt nach der akuten Erkrankung inaktiv im Körper und kann Jahrzehnte später, wenn das Immunsystem alters-, krankheits- oder stressbedingt geschwächt ist, als Gürtelrose reaktiviert werden.2
Die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich an Gürtelrose zu erkranken ist hoch: Einer von drei Menschen erkrankt im Laufe seines Lebens an Gürtelrose3 – auch Herpes zoster genannt. Hauptrisikofaktor ist das Alter, denn ab 50 werden die körpereigenen Abwehrkräfte zunehmend schwächer und damit steigt die Gefahr einer Erkrankung. Tatsächlich sind zwei von drei Gürtelrose-Patienten älter als 50 Jahre. Aber auch wenn das Immunsystem nur vorübergehend durch eine Krankheit oder Stress geschwächt ist, tritt die Gürtelrose häufiger auf. Bis zu 30% der Erkrankten erleiden Komplikationen und teils langanhaltende Nervenschmerzen.4 Diese sind nicht zu unterschätzen, denn die Schmerzen bei Gürtelrose sind vielschichtig und können den Alltag von Betroffenen monatelang, schlimmstenfalls ein Leben lang, stark beeinträchtigen.
Komplikationen und Risiken der Gürtelrose im Überblick:
Mögliches Risiko: Post-Zoster-Neuralgie
Nach einer Windpocken-Infektion ziehen sich die Viren in die Enden der Nervenbahnen am Rückenmark zurück und verbleiben inaktiv, durch das Immunsystem in Schach gehalten, im Körper. In diesem Ruhezustand können sie Jahrzehnte verharren, ohne dass der Mensch an Gürtelrose erkrankt. Zu einem Ausbruch kommt es, wenn die Viren, meist durch eine altersbedingte Abschwächung des Immunsystems, reaktiviert werden.5 Dann wandern sie entlang der Nerven zur Hautoberfläche und lösen dort den typischen Ausschlag aus. Häufig leiden Erkrankte neben dem juckenden Hautausschlag unter sehr heftigen Nervenschmerzen, die wochenlang anhalten können und als brennend bis stechend beschrieben werden. Oft – aber nicht immer – verschwinden die Schmerzen nach dem Abheilen der Gürtelrose. In nicht wenigen Fällen kommt es zu Komplikationen, die zu einem längeren bis dauerhaften Auftreten der Nervenschmerzen führen können. In dem Fall spricht man von einer Post-Zoster-Neuralgie (PZN).6 Je älter eine Patientin oder ein Patient ist, desto häufiger treten die Nervenschmerzen und damit die PZN auf. Auch ein Jahr nach der Erkrankung haben noch zwei bis fünf Prozent der Patientinnen und Patienten Beschwerden. Eine gezielte Schmerztherapie ist dann unumgänglich.
Mögliches Risiko: Gesichtsrose
Gürtelrose verdankt ihren Namen der Tatsache, dass sie in den meisten Fällen in der Körpermitte auftritt und sich wie ein Gürtel um Bauch, Seite oder Rücken legt. Doch auch andere Körperstellen können betroffen sein. Bricht die Krankheit im Gesicht aus, können die infektiösen Erreger auf Augen und Ohren übergreifen. Eine Infektion der Augen kann zur Hornhautentzündung und Verminderung der Sehfähigkeit bis hin zur Blindheit führen. Sind die Ohren betroffen, kann Taubheit die Folge sein. Zudem können die Viren die Gesichtsnerven schädigen und eine Lähmung herbeiführen. Die Symptome können wieder verschwinden, bei einigen Erkrankten erholen sich die Sinnesorgane oder Gesichtsnerven jedoch gar nicht mehr.
Mögliches Risiko: Entzündung und Infarkt
Abhängig von der Schwere des Krankheitsverlaufs können auch die inneren Organe in Mitleidenschaft gezogen werden. So kann Gürtelrose Leber-, Lungen- und Hirnhautentzündungen auslösen. Auch Entzündungen des Gehirns selbst und des Rückenmarks sind möglich. Zudem sind Gürtelrose-Patientinnen und Patienten in den ersten Wochen nach der Erkrankung einem erhöhten Risiko ausgesetzt, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.
Vorbeugen ist der beste Schutz
An Gürtelrose zu erkranken, ist gefährlicher und wahrscheinlicher als viele denken. Um das Risiko eines schweren Verlaufs mit unabsehbaren Folgen zu minimieren, ist eine Impfung ein bestmöglicher Schutz. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt diese Präventionsmaßnahme für Menschen ab 60 Jahren und für Personen mit Grunderkrankungen oder einem besonders geschwächten Immunsystem ab 50 Jahren.7 Zu dieser Risikogruppe zählen unter anderen Frauen und Männer mit folgenden Erkrankungen:
- Diabetes mellitus
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen oder Asthma bronchiale
- Rheumatoide Arthritis
- Angeborene oder erworbene Immundefizienz oder Immunsuppression
- HIV-Infektion
- Systemischer Lupus erythematodes
- Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
- Chronische Niereninsuffizienz
Sollten Sie an einer chronischen Krankheit leiden, die hier nicht aufgeführt ist, sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über eine mögliche Schutzimpfung.
Die Kosten für die empfohlene Impfung gegen Gürtelrose wird von der gesetzlichen Krankenkasse für Menschen mit Grunderkrankung ab 50 Jahren sowie für Personen über 60 Jahre übernommen und von der Hausärztin oder dem Hausarzt sowie einer Fachärztin oder einem Facharzt durchgeführt. Daher sollte unbedingt beim nächsten Praxisbesuch der Impfpass einmal geprüft werden.
Sie wollen mehr über Gürtelrose und die Erkrankung erfahren? Weitere Informationen finden sich hier: Gürtelrose (Herpes zoster) (impfen.de)
Gürtelrose – die wichtigsten Fakten |
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** Info: Gendergerechte Sprache: Dieser Text schließt prinzipiell alle Geschlechter mit ein. Zur besseren Lesbarkeit wird jedoch nur eine Geschlechtsform verwendet – welche das ist, liegt im Ermessen derjenigen, die den Text verfasst haben.
Referenzen
1 Wutzler et al. 2001; Vaccine 20: 121-124
2 Harpaz R et al., MMWR Recomm Rep. 2008;57(RR-5):1-30; Centers for Disease Control and Prevention. veröffentlicht: Aug. 2016
Kimberlin DW et al., N Engl J Med. 2007;356(13):1338-43
3 Hillebrand K; Journal of infection; 2015;70;178-186
4 Harpaz R et al. MMWR Recomm Rep 2008; 57: 1-40
RKI (Hrsg.): Kurz & knapp: Faktenblätter zum Impfen. Herpes-zoster-Impfung; 2020
5 Harpaz R et al., MMWR Recomm Rep. 2008;57(RR-5):1-30; Centers for Disease Control and Prevention. veröffentlicht: Aug. 2016
Kimberlin DW et al., N Engl J Med. 2007;356(13):1338-43
6 Harpaz R et al. MMWR Recomm Rep 2008; 2. Kimberlin DW, et al. New Engl J Med 2007;356:1338‒43
RKI (Hrsg.): Kurz & knapp: Faktenblätter zum Impfen. Herpes-zoster-Impfung; 2020
7 EpiBul 18/2020