Blutkrebs hat viele Gesichter. Zum Oberbegriff Blutkrebs gehören zahlreiche Krebserkrankungen, die das Blut, Knochenmark oder das lymphatische System betreffen und die laut DKMS in drei Hauptkategorien eingeteilt werden: Leukämien, Lymphome und Myelome. Das Zentrum für Krebsregisterdaten berichtet, dass etwa 14.000 Menschen in Deutschland pro Jahr an Leukämien erkranken, knapp 2.500 an einem Hodgkin-Lymphom, ca. 18.000 an einem Non-Hodgkin-Lymphom und knapp 7.000 an einem Multiplen Myelom. Verglichen mit anderen Krebserkrankungen, wie Brust- oder Lungenkrebs, ist das jedoch selten. Dr. med. Jan H. Schefe, Medical Head of Oncology bei GSK Deutschland und selbst Hämatologe und Onkologe, steht mit seinem Fachwissen zum Thema Blutkrebs Rede und Antwort und gibt detaillierte Einblicke in Krankheitsbild und Therapie.
Wie erklärst du jemandem, was Blutkrebs ist, der zum ersten Mal davon hört? Wie äußert sich diese Erkrankung?
Grundsätzlich ist Blutkrebs eine bösartige Erkrankung der Blutstammzellen (also Vorläuferzellen) in unserem Blut, im Knochenmark oder den Lymphknoten. Allerdings ist es so, dass es viele verschiedene Arten von Blutkrebs gibt. Eine sehr bekannte Form sind die Leukämien. Aber auch die Myelofibrose oder das Multiple Myelom gehören dazu – auch wenn sie eher selten vorkommen.
Wenn jemand an Blutkrebs erkrankt, kann sich das in unterschiedlichen Symptomen äußern. Bei einigen Menschen schwellen die Lymphknoten an, manche Betroffene neigen zu häufigen Infektionen. Es kann auch eine Blutarmut auftreten. Dann fühlen sich die Personen häufig extrem geschwächt. Manchmal zeigen sich fast gar keine oder nur milde Symptome. Dann kommt es schon mal vor, dass der Arzt eher zufällig bei Blutbildkontrollen darauf stößt.
Fakten zum Multiplen Myelom (MM) |
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Wie kann man Blutkrebs behandeln und gibt es besondere Herausforderungen bei der Therapie?
Einige Blutkrebserkrankungen haben bessere Prognosen, manche haben schlechtere. Allgemein ist Blutkrebs aber mittlerweile häufig sehr gut behandelbar und recht viele Formen sind heutzutage heilbar. Insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten hat die Forschung große Fortschritte erzielt. Mit spezifischen Behandlungsansätzen wird in vielen Fällen so gut therapiert, dass beispielsweise bei der chronischen myeloischen Leukämie die Lebenserwartung wieder auf dem Niveau der Normalbevölkerung ist.
Trotzdem ändert das natürlich nichts daran, dass es noch enormen Bedarf gibt, neue Therapien zu finden und bestehende Therapieoptionen weiter zu verbessern. Es ist bereits viel erreicht, aber es gibt auch noch viel zu tun. Es gibt weiterhin schwere Blutkrebserkrankungen mit schlechten Prognosen und der Leidensdruck der Betroffenen ist demnach groß.
Ein Symptom der Myelofibrose ist die Anämie (Blutarmut), unter der Betroffene besonders leiden. Welche Rolle spielt sie bei der Behandlung der Myelofibrose?
Eine große tatsächlich. Rund 40 % der Menschen mit Myelofibrose leiden zum Zeitpunkt der Diagnose bereits unter einer Anämie und bei fast allen Patienten kommt es im Verlauf einer Myelofibrose dazu. Es ist eine der Aufgaben unseres Blutes, Sauerstoff im Körper zu transportieren. Bei einer Blutarmut funktioniert dieser Transport schlechter. Betroffene fühlen sich sehr schlapp und müde, sind deutlich weniger belastbar. Es kann auch dazu kommen, dass Organe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Hinzu kommt, dass Anämie bei Myelofibrose mit einer schlechten Prognose, das heißt Überlebenszeit, assoziiert ist.
Eine Anämie bei Myelofibrose muss daher effektiv behandelt werden, um das Wohlbefinden und die Prognose der Betroffenen zu verbessern. Das ist sehr wichtig. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Injektionen mit Medikamenten, die das Wachstum der roten Blutzellen anregen, oder medikamentöse Therapien. Teils sind Bluttransfusionen notwendig. Sie sind jedoch für den Patienten in puncto Nebenwirkungen sehr belastend und das Management – von der Bestellung der Blutkonserven bis zur Verabreichung – ist sehr aufwändig.
Fakten zu Myelofibrose (MF) |
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In den letzten Jahren wurden Fortschritte bei der Behandlung der Myelofibrose und des Multiplen Myeloms erzielt. Warum besteht trotzdem weiterhin ein hoher Bedarf an innovativen Therapien für beide Erkrankungen?
Obwohl bereits individuellere und innovativere Therapieansätze entwickelt wurden, bleibt der Bedarf an neuen Behandlungsmöglichkeiten hoch, etwa für den Fall, dass Patienten auf bestimmte Therapien nicht (mehr) ansprechen. Beim Multiplen Myelom kommt das bei praktisch jedem Patienten und zumeist wiederholt vor. Mit jedem weiteren Therapieversuch sinken aber die Chancen, dass der Patient auf die Folgetherapie anspricht und diese auch langfristig wirkt.
Ein weiterer Punkt ist, dass es gerade zu Behandlungsbeginn wichtig ist, wirksame Medikamente anbieten zu können, die sofort viele Patienten in eine beschwerdefreie Phase bringen, die sogenannte Remission, welche dann möglichst lange anhalten soll. Frühzeitig wirksam zu therapieren, ist gerade beim Multiplen Myelom unglaublich bedeutsam.
Gleichzeitig ist es natürlich von enormer Relevanz, dass Therapien samt ihren Anwendungsformen zum Leben der Patienten passen, um so bestenfalls viel Lebensqualität zu ermöglichen. Das Ziel in der Forschung ist somit mehr Lebenszeit sowie auch eine bessere Lebensqualität für die Patienten zu erreichen.
Welche Rolle spielt GSK in der Erforschung und Behandlung von Blutkrebs, insbesondere der Myelofibrose und des Multiplen Myeloms?
Innerhalb der Onkologie liegt bei GSK ein Forschungsschwerpunkt auf der Hämatologie. Ziel von GSK ist es, in Bereichen zu forschen, wo es am dringendsten nötig ist. Dort, wo der sogenannte „Unmet Medical Need“ – der ungedeckte medizinische Bedarf – am größten ist. Das ist entweder bei besonders seltenen Erkrankungen wie der Myelofibrose oder bei speziellen Patientengruppen der Fall. Überall dort, wo ein Patient noch nicht oder noch nicht ausreichend therapiert werden kann. Das wollen wir bei GSK ändern.
Welche wichtigen Botschaften oder Ratschläge hast du für Patienten?
Um die eigene Therapie aktiv mitzugestalten, rate ich ein „informierter Patient“ zu sein: Das heißt, verfügbare, seriöse Informationsquellen zu nutzen, Kontakt zu Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen zu suchen sowie natürlich mit dem behandelnden Arzt zu sprechen. Es ist von zentraler Bedeutung, deutlich zu machen, welche Therapieziele man sich gesteckt hat und welche Aspekte einem individuell wichtig sind. Zu guter Letzt: Hilfreich ist es auch, Familienangehörige und das Umfeld beim Kampf gegen den Krebs miteinzubeziehen. Hilfreiche Tipps, wie man mit seiner Familie über das Thema Krebs spricht, erhalten Betroffene im Webinar „Diagnose Krebs – Wie sage ich es meinem Umfeld?“.
Du warst früher als Facharzt in der Inneren Medizin, Hämatologie und Onkologie tätig. Was hat Dich dazu bewegt, in die Pharmabranche zu wechseln?
Ich habe als Arzt viele Menschen durch teils langwierige Therapien begleitet. Es war sehr beeindruckend für mich, wenn diese Patienten dann nach Monaten oder Jahren in ein nahezu normales Leben zurückgefunden haben. Ich wollte dazu beitragen, neue, noch besser wirksame Arzneimittel zu entwickeln und in die Versorgung zu bringen, um Krebspatienten eine bessere Prognose und Lebensqualität zu bieten. Das hat sich für mich auch realisiert. Bei GSK setzen wir uns dafür ein, Versorgungslücken zu schließen und Behandlungsstandards zu verbessern.
Informationsangebot für Betroffene |
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Unter halt-bei-krebs.de finden Betroffene einen Online-Wegweiser durch den Dschungel der Online-Informationen zum Thema Krebs. Die Website bündelt vertrauenswürdige Ressourcen und bietet fundierte Unterstützung von der Diagnose bis hin zu Alltagsbewältigung, u. a. zum Thema Myelofibrose. |