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Warum benötigen wir wirksame Medikamente gegen Covid-19, wenn es doch Impfstoffe gibt?

Lesezeit: 3 min

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17 November 2021

Dieser Frage gehen wir im Interview mit Dr. med. Cordula Mohrlang, Senior Director Scientific Affairs bei GSK auf den Grund.

Cordula Mohrlang
Dr. med. Cordula Mohrlang

Monoklonale Antikörper ermöglichen es, bei kürzlich infizierten Risikopatienten einen schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung zu verhindern. Warum sind solche Medikamente notwendig, wenn es doch bereits zugelassene Impfstoffe gibt?

Dr. med. Cordula Mohrlang: Um die COVID-19-Pandemie erfolgreich bekämpfen zu können, benötigen wir einen möglichst umfassenden Ansatz, der auf mehreren Säulen beruht. Denn selbst im bestmöglichen Szenario, wird ein Teil der Bevölkerung ungeimpft bleiben – und für diese Menschen sind therapeutische Alternativen notwendig. Hinzu kommt, dass die Impfstoffe nicht immer einen vollständigen Schutz garantieren, vor allem bei Älteren oder Menschen mit Begleiterkrankungen. Zudem ist auch noch unklar, wie lange die Impfungen schützen und inwiefern sie das auch noch gegen neue Varianten des Virus tun. Zusätzlich entwickelte Medikamente, die schwere Verläufe verhindern oder abschwächen können, könnten dabei helfen, uns gegen diese Unwägbarkeiten zu schützen und Menschenleben zu retten.

Wie wirken solche Medikamente und wie können sie infizierte Menschen vor einem schweren COVID-19-Verlauf schützen?

Es handelt sich um Wirkstoffe, die sich direkt gegen den Verursacher von COVID-19, das Virus SARS-CoV-2, richten. Bei einer Infektion produziert das Immunsystem Antikörper, die die Viren angreifen und beseitigen. Solche Antikörper von Menschen, die die Krankheit überstanden haben, können im Labor verändert und vermehrt werden – so entstehen Medikamente, die auch als monoklonale Antikörper bezeichnet werden. Sie können unserem Körper bei der Abwehr von Krankheiten helfen, indem sie an bestimmte Erkennungsmerkmale an der Oberfläche von Viren oder Bakterien andocken. So erkennen und binden sie beispielsweise an eine bestimmte Struktur des sogenannten Spike-Proteins, das aus der Oberfläche des SARS-COV-2-Virus ragt. Mit Hilfe dieses Proteins dockt das Virus normalerweise an eine Wirtszelle an und dringt in sie ein. Dort übernimmt das Virus die Mechanismen, die die Zelle normalerweise zur Vermehrung nutzt, und kann so Tausende neuer Kopien von sich erstellen, die dann wiederum neue Zellen infizieren können. Hat ein monoklonaler Antikörper an das Spike-Protein gebunden, kann das Virus gesunde Zellen nicht mehr infizieren. Manche Antikörper unterstützen zudem offenbar das Erkennen und Zerstören bereits infizierter Zellen durch das körpereigene Immunsystem. Beide Wirkmechanismen tragen somit dazu bei, dass sich eine anfängliche Infektion nicht weiter ausbreitet und können die Patienten so vor der Entwicklung schwerer Verläufe schützen.

Wie wird die Wirksamkeit solcher Antikörper geprüft?

Dies geschieht in klinischen Studien, in denen leicht oder moderat an COVID-19 erkrankte Patienten mit einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung entweder den Antiköper oder ein Scheinmedikament injiziert bekommen. Dann wird verglichen, bei wie vielen Patienten in den beiden Gruppen sich die Erkrankung in den nächsten Wochen weiter verschlechtert, sodass sie ins Krankenhaus müssen oder evtl. sogar versterben. Eine von uns durchgeführte Studie zeigte hierbei, dass das Risiko für ein solches Ereignis durch einen monoklonalen Antikörper um fast 80% gesenkt werden konnte.

Wie sich gezeigt hat, verändert sich das Virus durch Mutationen ständig. Wie wirksam sind monoklonale Antikörper gegen solche neuen Virusvarianten?

Das kann man nicht generell sagen, denn es hängt immer davon ab, gegen welche Bestandteile des Virus der jeweilige Antikörper entwickelt wurde. Am ehesten gegen neue Virusvarianten wirken daher Antikörper, die an einen Bereich des Virus binden, die sich nicht oder kaum verändern, da sie für die Vermehrung des Virus unentbehrlich ist. Dies gilt beispielsweise für eine bestimmte Struktur des Spike-Proteins, die schon das Vorgängervirus SARS-CoV-1 aufweist. Auch die neuen Virusvarianten von SARS-CoV-2 benötigen diese Struktur. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass sie gegen monoklonale Antikörper, die an diese Strukturen gerichtet sind, nicht resistent werden. Im Labor konnte das sowohl für die derzeit zirkulierenden als auch neu aufgetretenen Virusvarianten gezeigt werden.

Welche Patienten sollten solche Antikörper konkret erhalten?

Die Entscheidung, ob eine Therapie mit monoklonalen Antikörpern durchgeführt werden kann, trifft der Arzt. Generell kann man jedoch sagen, dass vor allem ältere Patienten, bei denen die COVID-19-Erkrankung bisher noch leicht oder moderat verläuft, bei denen aber ein hohes Risiko zum Übergang in eine schwere Verlaufsform besteht, von einer solchen Behandlung profitieren. Neben einem höheren Alter gibt es jedoch noch weitere Risikofaktoren. Genannt seien hier z. B. Begleiterkrankungen wie etwa Diabetes, Fettleibigkeit sowie Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen.

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