Auf den Spuren des Sauerstoffs: neue Lösungsansätze für die renale Anämie
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23 Februar 2023

Sauerstoff ist eines der wichtigsten Elemente auf der Erde. Um am Leben zu bleiben, benötigt jede Zelle im menschlichen Körper Sauerstoff. Wissenschaftler wissen seit langem, dass unser Körper in der Lage ist, auf unterschiedliche Sauerstoffkonzentrationen zu reagieren und sich daran anzupassen. Allerdings war nicht immer klar, wie dies funktioniert.
Nicht jeder menschliche Körper funktioniert auf die gleiche Weise. Beispielsweise haben Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung (Chronic kidney disease, CKD) Schwierigkeiten, das Hormon zu produzieren, das dem Körper signalisiert, rote Blutkörperchen zu bilden. Rote Blutkörperchen transportieren Sauerstoff in die Zellen. Wenn der Körper zu wenige rote Blutkörperchen bildet, kann es zu einer sogenannten renalen Anämie kommen. Wir bei GSK haben uns gefragt, wie sich der Körper an unterschiedliche Sauerstoffsättigungen anpasst, um optimal zu funktionieren. Dabei haben uns bemerkenswerte wissenschaftliche Entdeckungen geholfen, der Lösung auf den Grund zu gehen.
Vorsprung durch Wissenschaft
2019 wurden die drei Wissenschaftler, William Kaelin Jr., Gregg Semenza und Sir Peter Ratcliffe vom Francis Crick Institute in London, mit dem Nobelpreis für Medizin für ihre Arbeit der letzten drei Jahrzehnte ausgezeichnet. Dabei hat ihre Forschung unser Verständnis über die Prozesse im Körper völlig verändert.1,2
Sie entdeckten, dass eine niedrige Sauerstoffkonzentration in den meisten Körperzellen dazu führt, dass sich eine Gruppe von Molekülen zu einem so genannten Proteinkomplex zusammensetzt. Dieser Proteinkomplex (Hypoxie-induzierbarer Faktor oder kurz HIF genannt) signalisiert den Nieren, das Hormon Erythropoietin (kurz: EPO) freizusetzen, wodurch die Produktion roter Blutkörperchen erhöht wird und mehr Sauerstoff im Körper zirkuliert.3
Diese bahnbrechende Entdeckung zeigte, dass der HIF-Signalweg ein Therapieansatz ist, der dem Körper helfen könnte, die physiologische Reaktion auf einen niedrigen Sauerstoffspiegel zu regulieren – ähnlich wie ein Thermostat, der die Temperatur überwacht und die Heizung hoch- oder runterregelt, um die Raumtemperatur angenehm zu halten.
Aufbauend auf dieser revolutionären Erkenntnis begannen die Wissenschaftler neue Wege zu suchen, um Menschen mit CKD zu helfen, ihren Körper zur Produktion roter Blutkörperchen anzuregen und so der renalen Anämie entgegenzuwirken.
Renale Anämie und chronische Nierenerkrankung (CKD)
Gesunde Nieren sind für die Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit unerlässlich. Sie sind für die Reinigung unseres Blutes und das Filtern von Schadstoffen zuständig und produzieren außerdem EPO, das das Knochenmark zur Bildung roter Blutkörperchen anregt.2 Menschen, deren Nieren aufgrund von CKD geschädigt sind, können daher weniger rote Blutkörperchen produzieren. Weltweit betrifft das ca. 9-13 % der Patienten.4,5 Aus diesem Grund ist etwa jeder siebte CKD-Patient auch von einer renalen Anämie betroffen2. Dieses Krankheitsbild kann zu einer verminderten Lebensqualität und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Krankenhausaufenthalten und einer höheren Sterblichkeit führen6.
Menschen mit renaler Anämie in Folge einer CKD weisen Symptome wie Kraftlosigkeit, Müdigkeit (Fatigue) und Kurzatmigkeit auf. Längerfristig kann eine renale Anämie die Organe zusätzlich belasten und zu Organschäden und sogar zu Herzversagen führen.
Herausforderungen einer renalen Anämie angehen
Unser zunehmendes Verständnis wissenschaftlicher Entdeckungen wie der von Sir Peter Ratcliffe und den anderen Preisträgern bilden eine wichtige Grundlage für die Forschung und die Entdeckung von Medikamenten bei GSK.
Die klinische Forschung hat gezeigt, dass selbst erkrankte Nieren oft genug EPO bereitstellen können, um die Produktion roter Blutkörperchen anzuregen. Dies ist der Fall, wenn die körpereigene physiologische Reaktion auf einen niedrigen Sauerstoffgehalt durch die Verstärkung des HIF-Signals an die Nieren ausgelöst wird.7
„Diese Geschichte zeigt das Potenzial dessen, was wir bei GSK als 'krankheitsunabhängige Forschung' bezeichnen. Wir sind davon überzeugt, dass sich uns – wenn wir der Wissenschaft folgen und hart daran arbeiten, den menschlichen Körper besser zu verstehen – neue und unerwartete Möglichkeiten eröffnen, um weltweit Gesundheitsprobleme zu lösen und die Lebensqualität von Menschen zu verbessern.“
Es ist bekannt, dass in den letzten Jahren nur wenige Innovationen für die Therapie der renalen Anämie infolge einer CKD entwickelt wurden. Um den Bedürfnissen dieser Patienten, die häufig unterdiagnostiziert und untertherapiert sind, gerecht zu werden, muss noch mehr getan werden. Wir sind zuversichtlich, dass auch diese Herausforderungen überwunden werden können, wenn wir weiter forschen und so innovative Wege finden, um neue Therapieoptionen zu entdecken.
Referenzen
1 The Guardian. Nobel prize in medicine awarded to hypoxia researchers. Available at: https://www.theguardian.com/science/2019/oct/07/nobel-prize-in-medicine-awarded-to-hypoxia-researchers zuletzt abgerufen am 18.04.2023
2 National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases. Anaemia in Chronic Kidney Disease. Available at: https://www.niddk.nih.gov/health-information/kidney-disease/anemia zuletzt abgerufen am 18.04.2023
3 Hill, N.R et al. Global Prevalence of Chronic Kidney Disease – A Systematic Review and Meta-Analysis. PLoS One. 2016 Jul 6;11(7):e0158765.
4 Hill NR, Fatoba ST, Oke JL, et al. Global prevalence of chronic kidney disease - A systematic review and meta-analysis. PLoS One. 2016;11(7):e0158765.
5 Bikbov B, Purcell CA, Levey AS, et al. Global, regional, and national burden of chronic kidney disease, 1990–2017: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. The Lancet. 2020;395(10225):709-733.
6 Babitt, J.L and Lin, H.Y. Mechanisms of Anemia in CKD. J Am Soc Nephrol. 2012 Sep 28; 23;(10):1631-1634.
7 GBD Chronic Kidney Disease Collaboration. Global, regional, and national burden of chronic kidney disease, 1990-2017: a systemic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. The Lancet. Volume 395, Issue 10225, p709-733; February 29, 2020.
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